Geschichtsbücher erzählen selten die Wahrheit. (S. 192)

 

Cover: Das große Buch der IndianerZum Inhalt

Es gibt viele Vorstellungen und Klischees, die mit den Indianern verbunden werden. Wie verschieden jedoch die einzelnen Nationen waren (bzw. sind), wird deutlich, wenn man sich näher mit ihnen beschäftigt. Thomas Jeier stellt in diesem Buch viele bekannte, aber auch eher unbekannte Stämme in Bild und Text vor. Durch seinen lexikonartigen Aufbau ist das Buch auch als Nachschlagewerk verwendbar.

 

 

Meine Meinung

„Geschichtsbücher erzählen selten die Wahrheit.“ (S. 192) Das sagt der indianische Begleiter Ron Hawks zum Autor beim Besuch des Massengrabes der Ermordeten des Massakers vom 29. Dezember 1890 am Wounded Knee. Denn die Geschichtsbücher werden in der Regel von den Siegern geschrieben - und berichten demzufolge meist aus deren Sicht. In diesem Buch wird die Geschichte allerdings eher aus Sicht der Unterlegenen erzählt, und da sieht manches dann ganz anders aus. Etliche „Schlachten“ (sic!) werden da zu dem, was sie seinerzeit waren: pures Abknallen von Frauen und Kindern durch die US Army. Nicht nur ein Mal, immer wieder geschah es, bis hin zum Massaker am Wounded Knee. Dieses „markierte die endgültige Niederlage der nordamerikanischen Indianer und machte noch einmal deutlich, mit welcher Konsequenz die amerikanische Armee den Völkermord an der roten Rasse betrieb.“ (S. 268)

In einzelnen Kapiteln erzählt Thomas Jeier die Geschichte der Stämme, der weithin bekannten wie auch von eher unbekannten. So verschieden die Stämme waren, eines ist allen gemeinsam. Egal, ob sie die Weißen freundlich oder feindlich empfingen, ob sie mit ihnen kooperierten oder sie bekämpften: am Ende stand der Untergang ihres gewohnten Lebens und der Zwang, in ein Reservat zu ziehen - dort auf Gedeih und Verderb den Agenten und den amerikanischen Behörden ausgeliefert. 371 einseitig gebrochene Verträge (vgl. S. 284) sprechen eine deutliche Sprache.

Durch die Einteilung nach Stämmen läßt sich das Buch sowohl fortlaufend als auch „lexikonartig“ lesen. Die Sprache ist zwar weithin nüchtern, aber niemals trocken, so daß sich das Buch sowohl kapitelweise als auch fortlaufend gut und fast schon romanartig lesen läßt.

Wenn man sich in der Thematik schon etwas auskennt, oder Western gelesen bzw. gesehen hat, werden einem immer wieder bekannte Gestalten und Ereignisse begegnen. Michael Blake hat in seinem Roman „Der Tanz des Kriegers“, der Fortsetzung zu „Der mit dem Wolf tanzt“, das Ende der Comanchen geschildert. Wie sehr er sich dabei an die historischen Ereignisse hielt, kann man hier in diesem Buch nachlesen (vgl. S. 209). An meine Jugend fühlte ich mich erinnert, als auf S. 223 von einem gewissen Thomas J. Jeffords und dem Apachenhäuptling Cochise die Rede war. „Der gebrochene Pfeil“ mit James Stewart kam mir da sofort in den Sinn, der seinerzeit noch als „Der gute Jugendfilm“ immer mal wieder im Kino zu sehen war.

Besonders interessant an dem Buch sind auch die zahlreichen, meist historischen, Fotos, die bedeutsame Orte zeigen oder auch „einfache Indianer“ in ihrem täglichen Leben. Sie wollten nichts weiter, als in Frieden leben, aber Macht-, Land- und Profitgier der weißen Einwanderer drängten sie aus ihren angestammten Lebensräumen immer weiter zurück. Erschreckend wird dies, wenn man die damaligen wirtschaftlichen Interessen betrachtet - und etwa mit den heutigen vergleicht, die in Bezug auf die Globalisierung angeführt werden. Die Ähnlichkeiten lassen für viele Menschen nichts Gutes erwarten.

„Alle Dinge sind lebendig, die Bäume, die Felsen, das Gras, sogar das Holz des Tisches, an dem wir sitzen. Wir sind ein Teil der Natur, das vergessen die meisten Weißen. Die Erde ist unsere Mutter. Wenn wir sie zerstören, töten wir uns selbst. Das Leben ist ein heiliger Kreis. Die Weißen haben ihn zerstört.“ (S. 132) Diese Worte von Ron Hawks, einen spirituellen Führer der Lakota, sollten eine Mahnung sein, den Kreis nicht weiter zu zerstören. Sonst bedeutet es vielleicht auch unseren Untergang.

Mein Fazit

Geordnet nach Stämmen stellt Thomas Jeier bekannte und unbekannte indianische Nationen im Überblick vor.

 

Über den Autor

Thomas Jeier wurde 1947 in Minden/Westfalen geboren und wuchs in Frankfurt/Main auf. Bereits in seiner Jugend begann er, für Zeitschriften zu schreiben. Er absolvierte eine Buchhändlerlehre und wurde Chefredakteur einer Jugendzeitschrift. Manche kennen ihn vielleicht vom Radio - er hat rund zwanzig Jahre lang den „Country Club“ beim Bayerischen Rundfunk moderiert; eine Sendung, an die ich ausnehmend angenehme und gute Erinnerungen habe. Er lebt heute bei München sowie „on the road“ in den USA. Während seiner Amerikaaufenthalte hat er auch eine zeitlang bei den Cheyenne gelebt, an ihren Festen (Pow-wows) teilgenommen sowie ihren Geschichten und Erzählungen gelauscht. Als erstem deutschen Autor gelang es ihm, zwei Romane über den amerikanischen Westen in den USA zu plazieren. Er hat etliche Auszeichnungen bekommen, darunter den Friedrich-Gerstäcker-Preis für das beste Abenteuerbuch des Jahres und eine Auszeichnung der texanischen Regierung.

Bibliographische Angaben

304 Seiten, zahlreiche meist historische Fotos, gebunden
Verlag: Verlag Carl Ueberreuter, Wien 2008

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