„Ich glaube inzwischen“, sagte Cassandra, „dass zumindest in den Kreisen des niederen Landadels die romantische Liebe eher gepredigt als tatsächlich gelebt wird.“ (Seite 103)

 

Cover: Die geheimen Memoiren der Jane AustenZum Inhalt

Die Romane der Jane Austen erfreuen sich auch heute noch großer Beliebtheit. Kein Wunder, wenn Leser sich auch für das Leben der Autorin interessieren und sich vor allem immer wieder fragen, ob Jane Austen denn auch praktische Erfahrungen mit der Liebe gesammelt hat.
Dieser Frage geht die Autorin in ihrem Roman nach, in welchem sie die Jahre 1809 bis 1811, über die nicht viel bekannt ist, im Leben der Jane Austen „rekonstruiert“. Hat sie in dieser Zeit etwa „ihren Mr. Darcy“ getroffen?

 

 

 

Kommentar / Meine Meinung

Es dürfte wohl als eine gemeinhin bekannte Tatsache gelten, daß man sich auch für die Autoren, deren Bücher man liest, interessiert, und nicht alleine nur für die von ihnen verfaßten Texte. Und so kam es denn, daß mir auch dieses Buch in die Hände gefallen ist. Jetzt, am Ende, bin ich jedoch etwas zwiegespalten.

Unzweifelhaft ist es Syrie James hervorragend gelungen, mit ihrer Sprache die Stimmung der Zeit und der Jane Austen Romane lebendig werden zu lassen. Auch ist das Buch und die darin erzählte Geschichte in sich schlüssig und nachvollziehbar, so daß ich von Anfang bis Ende in der Tat das Gefühl hatte, eine (wenn auch fiktive) Biographie Jane Austens zu lesen.

Was mich ein bißchen irritierte, war die oft doch recht enge Anlehnung an Jane Austens Romane, vor allem „Verstand und Gefühl“ sowie „Stolz und Vorurteil“. Hier hätte ich mir deutlich mehr Eigenständigkeit gewünscht; so erschien es mir über weite Strecken, als ob Jane Austen ihre eigenen Erlebnisse in ihrem Romanen verarbeitet habe, oder als sie alles oder doch wenigstens vieles Relevante in ihren Romanen mehr oder weniger als „Nacherzählung“ eigener Erlebnisse geschrieben habe. Das will ich nicht so recht glauben; sicherlich werden Autoren durch selbst Erlebtes in ihren Geschichten beeinflußt oder wohl besser inspiriert - aber so sehr, wie das hier vermutet wird?

Ich könnte mir vorstellen, daß das Buch solchen Lesern, die die Werke Jane Austen (noch) nicht kennen, besser zusagen dürfte, da sie deutlich unvorbelasteter an die Lektüre heran gehen können. Das Ende ist bekannt; Jane Austen war nie verheiratet und demgemäß konnte dies auch in diesem Roman nicht der Fall sein. Durch die enge Verquickung mit ihren Romanen jedoch haben diese, zumindest momentan, etwas von ihrer Unbeschwertheit verloren.

Allerdings ist unbestritten, daß Syrie James auch großartige Szenen gelungen sind, in denen man etwa Mr. Collins - oder auch Mrs. Bennett - aus „Stolz und Vorurteil“ unschwer wiedererkennen wird; sie sind hier wie dort unmöglich.

Am Ende kommt es so, wie es auf Grund der historischen Gegebenheiten kommen mußte. Syrie James hat ein Szenario entworfen, wie es glaubwürdiger kaum sein könnte und völlig in die damalige Zeit paßt. Einschließlich des Grundes, weshalb darüber nie Genaueres bekannt geworden ist. Eine Lösung so naheliegend, daß man eigentlich selbst hätte drauf kommen können.

Insgesamt gesehen ein Buch, das sich sehr angenehm lesen ließ und gekonnt eine Stimmung für die damalige Zeit erstehen ließ. Mit mehr Eigenständigkeit hätte mir das Buch richtig gut gefallen können, so war es mir zu sehr Nacherzählung.

 

Kurzfassung

Über zwei Jahre in Jane Austens Leben ist so gut wie nichts bekannt; Syrie James füllt diese Lücke mit einer fiktiven Geschichte, die sich sehr an die Austen’schen Romane anlehnt, und mich wegen dieser starken Abhängigkeit nicht ganz überzeugen konnte.

 

 

Über die Autorin

Syrie James wurde in New York geboren und lebte fast ihr ganzes Leben in Kalifornien; sie studierte Anglistik und Kommunikationswissenschaft. Sie ist verheiratet und Mutter zweier erwachsener Söhne.

Bibliographische Angaben

411 Seiten, kartoniert
Originaltitel: The Lost Memoirs of Jane Austen. Aus dem Englischen von Ulrike Seeberger
Verlag: Aufbau Taschenbuch Verlag, Berlin 2011

Cookies erleichtern bzw. ermöglichen die Bereitstellung unserer Dienste. (Bei der Nichtannahme von Cookies kann die Funktionsfähigkeit der Website eingeschränkt sein.)