Sie legen sie* über die Toten: ein älterer Mann, eine Mutter mit Kind. Wenn der Kreml behauptet, man schieße nicht auf Zivilisten, dann ist das eine Lüge. Ich habe die zivilen Opfer des russischen Krieges mit eigenen Augen gesehen. (Seite 20)

Cover: Der Killer im Kreml

 

Zum Inhalt

Von Anbeginn seiner Karriere hat Wladimir Putin gemeinsame Sache mit dem organisierten Verbrechen gemacht und geht buchstäblich über Leichen. John Sweeney, investigativer Journalist und Kriegsberichterstatter, erzählt den Werdegang des Mannes, der sich Russland unter den Nagel gerissen hat und nicht nur in der Ukraine Krieg führt, um seine Großmachtsphantasien zu verwirklichen.
Sweeney liefert einen „mitreißenden Tatsachenbericht zu den „Hintergründen von Putins Aufstieg und seinem griff nach immer mehr Macht.“ (Buchrückseite)

 

 

 

 

Meine Meinung

Selten hat ein Buch so viel Abscheu, ja Haß auf darin vorkommende Figuren erzeugt wie dieses. Das ist schlimm. Noch schlimmer allerdings ist, daß es sich nicht um Figuren, sondern real existierende Menschen handelt. Wobei ich mir nicht sicher bin, ob die Bezeichnung „Homo sapiens“ auf die (meisten) der im Buch vorkommenden Personen zutrifft. „Sapiens“ heißt soviel wie „weise, verständig“. Beides Eigenschaften, die Putin und seinen Spíeßgesellen völlig abgehen. Vielleicht wäre für selbige die Bezeichnung „Homo nefarius“ zutreffender (nefarius = ruchlos, gottlos, frevelhaft, verbrecherisch).

Nach „Putins Netz“ wollte ich noch eine andere Darstellung über denjenigen, der in unserer Zeit einen Angriffskrieg vom Zaun bricht, lesen. Während Catherine Belton sehr ausführlich und in „Hochsprache“ schrieb, liest sich das bei Sweeney viel direkter, auch in den Formulierungen. Wenn er „Idiot“ meint, schreibt er auch „Idiot“ und nicht eine diplomatische, beschönigende Formulierung. Was nicht zuletzt daher kommt, daß Sweeney als langjähriger Journalist und Kriegsreporter teilweise von eigenen Erlebnissen berichtet und mehr als ein Mal in brenzliche Situationen geraten ist. So hat er beispielsweise Putin 2014 öffentlich vor den Fernsehkameras der Welt direkt zum Krimkrieg befragt - sehr zum Unwillen des Befragten (S. 192ff). Und auch ein gut Teil dieses Buches ist während seines Aufenthaltes in der Ukraine (nach dem 24. Februar 2022 wohlgemerkt) entstanden.

Daraus kann bzw. sollte man schließen, daß man beim Lesen öfters ein „dickes Fell“ gebrauchen kann. Vor allem, wenn er Augenzeugenberichte zu Gräueltaten der russischen Soldaten zitiert, in denen teilweise deren Foltermethoden erwähnt werden. (Vgl. S. 90ff und andere Stellen im Buch). Hierbei holt er weiter aus zu den früheren Kriegen des Wladimir Putin, die immer nach dem selben Muster ablaufen: unter außer Achtlassung jeglichen Völker- und Kriegsrechts, normalen Rechts sowieso, wird gefoltert, vergewaltigt, geplündert und gemordet. Und hinterher alles nach Möglichkeit vertuscht nach dem Motto „wir waren das nicht“.

Vieles davon ist seit Jahren bekannt - wenn man es denn wissen will. Nur daß das nicht zum „Business as usual“ paßt. Es wurde mir beim Lesen mehr als ein Mal schlecht, wie „unsere“ Politiker sämtliche Augen einschließlich der Hühneraugen zudrückten, um mit Russland bzw. Putin Geschäfte zu machen. Aber London ist halt ein Finanzplatz, und die Russen hatten viel Geld zu bieten, da kann man schon mal die Augen zudrücken, denn - wie schon die alten Römer wußten - Geld stinkt ja nicht. Und das Blut, das daran klebt, sieht man ja auch nicht... Es wäre interessant zu erfahren, wie viele der russischen Millionen dafür verwendet wurden, daß der Brexit durch kam. Putin reibt sich deswegen noch heute die Hände (vgl. u. a. S. 290ff).

Eines wird aus dem Gelesenen überdeutlich: die Politik der Annäherung an Russland, der Einbeziehung Russlands ist krachend gescheitert. Diejenigen, die das derzeit direkt erleiden müssen, nennen die russischen Soldaten in Anlehnung an Tolkien „Orks“ und Russland „Mordor“. „Denn dann sind da diese Kreaturen, die einfach nur Gewalt wollen.“ (S. 327, Zitat eines ukrainischen Leutnants beim Freiwilligen-Korps der ukrainischen Armee). Was mit Mordor und seinem Beherrscher geschehen sollte, wenn Menschen in Freiheit leben wollen, ist im Herrn der Ringe nachzulesen.

 

Mein Fazit

Für mich ist Putins Regime das eines Hitlers.“ (Vanessa Redgrave im Jahr 2000, S. 281) Dieses Buch belegt diese Aussage auf bedrückende Weise.

 

 

Über den Autor

John Sweeney, Jahrgang 1958, ist ein britischer investigativer Journalist und Kriegsberichterstatter. Er war lange für die BBC und ist heute freiberuflich tätig. Seit vielen Jahren verfolgt er die Taten und Verbrechen der Mächtigen Russlands; seit Kriegsbeginn berichtet er aus der Ukraine.

Anmerkung und Bibliographische Angaben

* = Mit "sie" sind Decken gemeint.

336 Seiten, Klappenbroschur
Originaltitel: Killer in the Kremlin, The Explosive Account of Putin’s Reign of Terror. Aus dem Englischen von Ulrike Strerath-Bolz, Karl Heinz Siber, Bernhard Schmid, Monika Köpfer, Stefanie Römer, Larissa Rabe
Verlag: Wilhelm Heyne Verlag, München 2022; ISBN 978-3-453-21849-9

 

Cookies erleichtern bzw. ermöglichen die Bereitstellung unserer Dienste. (Bei der Nichtannahme von Cookies kann die Funktionsfähigkeit der Website eingeschränkt sein.)