“Who dares come against me?“

 

Cover: Boudica-Queen of The IceniZum Inhalt

Boudica, die vielleicht heroischste Gestalt in der frühen britischen Geschichte, wird in diesem Buch anschaulich zum Leben erweckt. Die charismatische Königin der Ikener führte das legendäre Schwert Calabrenn. Sie schlug Neros Legion, machte (heutige Namen) St. Albans, Colchester und London dem Erdboden gleich und brachte eine Vernichtung über ihre Feinde, die 70.000 von ihnen das Leben kostete. Zuletzt verlor sie den Kampf gegen die Römische Legion, obwohl die Kelten den Römern etwa im Verhältnis zehn zu eins überlegen waren. Strategie, Erfahrung und Technik machten die zahlenmäßige Überlegenheit der Kelten mehr als wett. Am Ende bleibt die Prophezeiung, daß ihr Schwert dereinst von einem großen König geführt werden, dessen Name genauso legendär werden wird, wie der von Boudica. So schließt sich der Kreis vom Beginn der römischen Besetzung Britanniens bis hin zu deren Ende und Artus.

 

Zum historischen Hintergrund

Boudica war eine keltische Königin vom Stamm der Ikener und verheiratet mit Prasutagos. Es gibt eine Theorie, nach der bei den Ikenern ein Matriarchat herrschte, also Boudica aus eigenem Recht Königin war. (Quelle: Historisches Nachwort in „Lied für eine dunkle Königin“ von Rosemary Sutcliff). Das habe ich allerdings anderweitig (noch?) nicht bestätigt gefunden. Übergriffe der Römer gegen Boudica und ihre Töchter lösten 60/61 n. Chr. den großen Aufstand und Krieg aus, der von Kelten wie Römern mit großer Brutalität geführt wurde. Nachdem die Kelten zunächst siegreich waren, unterlagen sie - obwohl zahlenmäßig weit überlegen - den Römern, die durch ihre Disziplin und Ausrüstung die geringeren Mannschaftsstärken mehr als wett machten.

Vorbemerkung

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Kommentar / Meine Meinung

Wie fange ich an? Vielleicht so: ich habe innerhalb von vier Wochen drei Bücher über die keltische Königin Boudica gelesen. Dieses ist das beste davon.

“Where there is life, there is hope, even if it is hidden from us,“ ** (Seite 47 u. a.) so sagt Drustan zur jugendlichen Boudica. Ein Satz, der auch später wieder im Buch vorkommen wird, ein Satz, der wie ein Motto über dem Buch schwebt.

Immer wieder habe ich den Autor dafür bewundert, mit wenigen Worten viel ausdrücken zu können. Das ist mir vor allem in den Schlachtszenen, wenn der Krieg - auf beiden Seiten - an Brutalität zunimmt, aufgefallen. Bisweilen habe ich nicht alles verstanden, habe es aber unterlassen die einzelnen Vokabeln nachzuschlagen. Ich wollte es gar nicht so genau wissen; die schemenhaften Vorstellungen der Greueltaten waren mir völlig ausreichend. Obwohl der Autor - was ihn mir sympathisch macht - auf Seiten der Kelten steht, verschweigt er nicht deren für uns heutige unvorstellbare Grausamkeit, denen die Römer aber oft in nichts nachstanden. Diese Szenen wurden m. E. nicht in die Länge gezogen, sondern oft nur angedeutet, quasi als Skizze „hingeworfen“, weil sie zum Verständnis notwendig bzw. historisch verbürgt sind. Es geht nicht um die Darstellung von Gewalt an sich, sondern diese ist Teil der erzählten Geschichte. Diese Balance von beschriebener zu unbeschriebener Gewalt hat mir persönlich sehr zugesagt.

Vor allem auch in der unvermeidlichen Szene des (höflich und verniedlichend ausgedrückt) Übergriffs der Römer auf Boudica und ihre Töchter. Die ganze Brutalität, mit der das seinerzeit vonstatten gegangen sein muß, wird hier lebendig, ohne jedoch darin zu schwelgen. Daß eine solche Untat einen ganzen Volksaufstand nach sich zieht, ja ziehen muß, ist eine unvermeidliche Konsequenz, die in jedem Geschichtsbuch nachzulesen ist.

Apropos Geschichtsbuch. Im Nachwort gibt es Erklärungen zum historischen Geschehen, zu den Personen, zu den Quellen und auch zu den dichterischen Freiheiten. Wenn man ein Geschehen, das so lange zurück liegt, beschreibt, und die Quellen zudem meist vom Sieger stammen, ist es schwierig, zwischen Legende und Wahrheit zu unterscheiden. Dennoch ist dies m. E. eindeutig ein historischer Roman, der die Geschehnisse damals interpretierend wiedergibt. Ob man dieser Interpretation zustimmt, ist eine andere Frage. Jedenfalls ist das Buch in sich schlüssig erzählt, die Protagonisten - sympathische wie unsympathische - handeln aus deren Sicht gesehen nachvollziehbar. So könnte es in der Tat gewesen sein. Vor allem gegen Ende, wenn die Perspektive zwischen Kelten und Römern wechselt, war ich ganz froh, eine gewisse Distanz, quasi wie ein neutraler Beobachter, wahren zu können. Denn der Ausgang stand fest.

Interpretierend: das Verhältnis Boudica zu ihrem Ehemann Prasutagos ist auch wichtig. Hier wurde die Ehe als eine reine politische dargestellt, mit Animositäten zwischen den Ehepartnern. Das Testament des Prasutagos, das letztlich die nach seinem Tod folgenden Ereignisse auslöste, erhält in diesem Zusammenhang eine ganz neue und gewichtige Bedeutung. (In der "Hüterin von Avalon" las sich das ganz anders; allerdings erscheint mir die Darstellung hier schlüssiger und in sich logischer. Es "paßt" zu den Gestalten.)

Ich habe übrigens immer mal wieder einen Blick in meine Kelten-Sachbücher geworfen und fand die wesentlichen hier im Buch beschriebenen Dinge und Vorgänge bestätigt. So spielt naturgemäß die Religion und die Verehrung der Göttin eine größere Rolle. Aber dieses Buch beweist, daß man sich dieser Thematik auch ohne esoterische Absicht und ohne es durch die Brille des Feminismus zu sehen nähern kann. Es ist einfach Teil der Handlung, des Glaubens der Menschen damals, ohne aufgesetzt oder gekünstelt zu wirken. Seltsam mag das höchstens uns heutigen, in einer säkularen Welt lebenden, erscheinen. Desgleichen fand ich die Aussagen / Beschreibungen über die Kriegs- und Opferbräuche von Historikern bestätigt.

Am Ende, auch wenn das am Anfang schon feststand, ich gebe es zu, ist dann doch die eine oder andere Träne geflossen. Boudica, Queen of the Iceni, had gone to her Goddess. (Seite 218)

Auch hier wieder das Talent des Autors, mit wenigen Worten viel zu sagen. Man muß nicht jede Szene auf zig Seiten auswalzen, um sie zum Leben zu erwecken. Bisweilen sind spärliche Worte und Andeutungen genauer und treffender.

“There are few choices in this life that are truly ours, Drustan; even fewer of us have the courage to face them. Boudica had that courage." *** (Seite 219)

 

Kurzfassung

In wirkmächtigen Bildern erwachen Boudica und ihr Kampf gegen die römische Besatzung Britanniens zum Leben.

 

Sinngemäße Übersetzungen und bibliographische Angaben

Sinngemäße Übersetzungen:
* = „Wer wagt es, mich herauszufordern?“
** = „Wo Leben ist, da ist auch Hoffnung, selbst wenn diese vor uns verborgen ist.“
*** = „Es gibt nur weniges im Leben, was wir selbst ganz frei entscheiden können; und noch wenigere von uns haben dann auch den Mut zu entscheiden. Boudica hatte diesen Mut.


223 Seiten, 1 Landkarte, Personenverzeichnis (mit Angabe der historisch belegten Personen und kurzer Zeittafel), gebunden mit Schutzumschlag. Verlag: Robert Hale, London, 2006; ISBN-10: 0-7090-7958-3 ISBN-13: 978-0-7090-7958-3

Ursprünglich geschrieben am 06. Juni 2008