That is what is wrong with your people. They try to understand that which is not meant for us to understand. They try to make reason where there is no reason. They try to put their God in His proper place. They do not see Him as having no limits of space and time. (Seite 190)*

 

Cover: Full CircleZum Inhalt

Evelyn Gibbons hat wieder und wieder einen seltsam realen Traum. Dies veranlaßt sie schließlich, ihre Verlobung zu lösen und in die Standing Rock Sioux Reservation zu reisen, um dort als Lehrerin für Indianerkinder zu arbeiten.
Black Hawk weigert sich, das alte Leben aufzugeben, und lebt alleine mit seinem kleinen Sohn in den Bergen. Als er zum ersten Mal auf die neue weiße Lehrerin trifft, ist er gleichzeitig angezogen und abgestoßen. Er will nichts mit Weißen zu tun haben - doch diese Frau ist ihm wieder und wieder in seinen Visionen erschienen, selbst der Medizinmann spricht davon, daß er eines Tages die Hilfe einer weißen Frau benötigen werde.
Mehr und mehr wird klar, daß beider Schicksale untrennbar miteinander verwoben sind. Doch in einer Umgebung, die von Haß, Mißbrauch und Whiskeyschmuggel geprägt ist, wird das Leben zunehmend schwerer. Schließlich kommt es zur Katastrophe mit wenig Aussichten auf ein gutes Ende. Falls nicht noch ein Wunder geschieht.

 

 

 

Meine Meinung

In der Rezension zu „Comanche Sunset“ schrieb ich “...denn die Autorin hat eine Art zu erzählen, wie ich sie nur selten gefunden habe.“ Stimmt, das gilt (selbstverständlich) auch für dieses Buch, das ich in wenigen Tagen eher verschlungen denn gelesen habe. Während es in der Savage Destiny Reihe sowie dem schon erwähnten Buch um die Beziehung zwischen einem Halbindianer und einer Weißen ging, steht hier ein „Vollindianer“ (falls es diesen Begriff überhaupt gibt) und eine Weiße im Mittelpunkt der Geschehnisse. Wieder hat Rosanne Bittner Figuren in einer Welt geschaffen, die man nie mehr vergessen wird.

Im Sommer 1893, etwa zweieinhalb Jahre nach dem Massaker am Wounded Knee, setzt die Handlung ein. Evelyn Gibbons, Tochter eines Predigers, hat schon immer ihren eigenen Kopf gehabt und durchgesetzt. So auch jetzt, als sie sich berufen fühlt, das komfortable Leben in der Zivilisation aufzugeben und für ein Jahr als Lehrerin für indianische Kinder in die Standing Rock Reservation in Dakota zu gehen. Kaum dort eingetroffen, tauchen schon die ersten Probleme am Horizont auf. Denn im Gegensatz zu den anderen dort tätigen versucht sie ernsthaft, die Indianer zu verstehen. Sie spricht etwas Cheyenne und hat zur Vorbereitung ihrer Tätigkeit Lakota (die Sprache der Sioux) gelernt - alleine deshalb wird sie mißtrauisch beäugt.

Sehr schnell wird ihr klar, daß sie nur Erfolg haben kann, wenn es ihr gelingt, Black Hawk dazu zu überreden, seinen Sohn Little Fox in die Schule zu schicken. Denn er hat eine große Reputation im Reservat. Wenn er seinen Sohn schickt, werden andere Eltern es auch tun. Die erste Begegnung der beiden verläuft nicht gerade harmonisch, zudem es Black Hawk nicht gewohnt ist, Widerworte zu erhalten - zumal von einer Weißen. Dennoch spüren beide, daß es eine Verbindung zwischen ihnen gibt.

Rosanne Bittner hat auch hier ein glaubwürdiges Bild jener Tage entworfen, einer Zeit, in der die Indianerkriege vorüber waren und die Überlebenden in die Reservationen gedrängt wurden, wo sie mehr dahinvegetierten denn lebten. Denn wie üblich wurden Verträge und Zusagen seitens der amerikanischen Regierung nicht eingehalten. Whiskyschmuggel und Korruption taten ein übriges, das Leben der Sioux zu erschweren. Das wird hier, vergleicht man die Erzählung mit Sachbüchern über diese Zeit, recht lebensnah geschildert. Nur der guten Schreibweise der Autorin ist es zu verdanken, daß der Leser nicht in Depression verfällt.

Selbiges gilt auch für die teilweise recht drastischen Szenen, in denen einer der Bösewichte des Buches - Seth Bridges - eine unrühmliche Rolle spielt. Als Film wäre das vermutlich ab 16 oder gar ab 18, zumindest dann, wenn man es ausführlich darstellen würde. Auf solche Genauigkeit verzichtet die Autorin dankenswerterweise, wenngleich jedem Leser bewußt ist, was passiert. Aber manchmal sind Andeutungen schlimmer als genaue Beschreibungen. So oder so - nichts für schwache Nerven.

Die Handlung entwickelt sich innerhalb eines Zeitraumes von etwa sieben Monaten für meine Begriffe folgerichtig, Lebens- wie Zeitumstände sind gut getroffen. Die Figuren konnte ich mir gut vorstellen; manche mögen vielleicht kritisieren, daß sowohl Evelyn Gibbons als auch Black Hawk recht wenige dunkle Seiten haben. Mich hat das nicht gestört, wenngleich an einigen Stellen durchaus aufblitzte, daß beide auch anders könnten.

Neben den Untaten von Seth Bridges oder Jubal Desmond empfand ich fast nicht weniger schlimm die Einstellung so mancher ach so christlichen Prediger (und leider stimmt die im Wesentlichen mit den Überlieferungen überein). Es ist eine Sache, Nächstenliebe zu predigen, aber eine ganz andere, die dann praktisch anzuwenden. Damals wie heute.

Immer wieder kam Evelyn Gibbons zu dem Schluß, daß sowohl sie (als Christin) als auch Black Hawk (als Sioux) den selben Gott verehrten. Ein Gedanke, der mir schon früher oft gekommen ist, wenn ich Bücher gelesen habe, in denen die Religion der Indianer eine Rolle spielte und der bei näherer Betrachtung vielleicht gar nicht so abwegig ist, wie es auf den ersten Blick scheinen mag. Denn während beispielsweise die Ambitionen der sogenannten „christlichen Völker“ und deren hemmungslose Wirtschaft die Schöpfung an den Rand der Zerstörung gebracht hat, war die indianische Weise immer auf den Erhalt derselben bedacht (vgl. S. 163).

Wenn nach rund fünfhundert Seiten der Roman schließlich sein Ende erreicht hat und diese Geschichte auserzählt ist, geht eine ereignisreiche „Lesereise“ zu Ende. Freud und Leid, Tragik und Triumph lagen oft dicht nebeneinander und forderten ihren Tribut. Mehr als einmal drohte der „Full Circle“ - der Kreislauf des Lebens - ein Ende zu finden. Und doch ging es immer irgendwie weiter, allen Umständen zum Trotz, denn das Leben ist hartnäckig und fordert sein Recht ein. Das Recht des Full Circle.

 

Mein Fazit

Ein beeindruckender Roman über die Zeit nach den Indianerkriegen, als für die einst stolzen Native Americans alles verloren war und sie gezwungen wurden, sich dem „weißen Mann“ anzupassen. Mit Sympathie für und oft aus Sicht der Unterlegenen geschrieben, thematisiert Rosanne Bittner Liebe und Leid, Vergangenheit und Zukunft, Abschied und Aufbruch und entwirft das Bild einer Übergangszeit mit all ihren Schrecken, aber auch ihrer Hoffnung. Ein großartiges Leseerlebnis.

 

Über die Autorin

Rosanne Bittner wurde 1945 geboren und begann schon während der Schulzeit zu schreiben. Ihr erstes Buch verkaufte sie 1983; bisher sind über sechzig Romane von ihr erschienen. Sie ist seit 1965 verheiratet und zweifache Mutter. Sie lebt in der Nähe des Lake Michigan.

Sinngemäße Übersetzung und Bibliographische Angaben

Das ist der Fehler deines Volkes. Sie versuchen das zu verstehen, das nicht für uns gedacht ist, verstanden zu werden. Sie suchen Logik, wo keine Logik ist. Sie versuchen, ihren Gott an seinen ihm zustehenden Platz zu stellen. Sie sehen Ihn nicht so, daß er weder im Raum noch in der Zeit Grenzen hat.

508 Seiten, kartoniert
Verlag: Zebra Books Kensington Publishing Corp., New York 1994
ISBN-10: 0-8217-4711-8, ISBN-13: 978-0-8217-4711-77p>

 

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